NÖ Monitoring Ausschuss beschließt neue Empfehlung über barrierefreies Bauen und Wohnen

Es zählt zu den gesetzlichen Aufgaben des NÖ Monitoring-Ausschusses (NÖ MTA), Empfehlungen an die NÖ Landesregierung abzugeben, die Rechte von Menschen mit Behinderungen betreffen. In seiner letzten Sitzung am 9. Juni 2020 hat der NÖ MTA eine Empfehlung „Barrierefreies Bauen und Wohnen“ beschlossen.

Unmittelbarer Anlass für das Aufgreifen des Themas war ein Entwurf für ein “Salzburger Maßnahmengesetz Kostenreduzierte Wohnbauten”. Verbindliche Regeln für Barrierefreiheit sollen dort abgeschafft werden. Selbst Gebäude mit drei oberirdischen Geschossen müssen nach diesem Gesetzesentwurf keinen Aufzug haben.

Baurechtliche Änderungen sind auf die Einhaltung der Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen zu überprüfen und die Barrierefreiheit unbedingt sicherzustellen.

Diese baurechtlichen Vorgaben bei Neu- und Umbauten hinsichtlich umfassende Barrierefreiheit in Niederösterreich sind dringend erforderlich und dürfen nicht von einer Quadratmeter- oder Personenanzahl abhängig gemacht werden. Der NÖ MTA hat diese Einschränkungen durch § 46 NÖ Bauordnung 2014 bereits mehrmals kritisiert (siehe z.B. die Stellungnahme zum Gesetzesentwurf).

Barrierefreiheit ist Menschenrecht

Der barrierefreie Zugang zu Wohnraum ist ein Menschenrecht, das unter anderem in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) festgeschrieben ist. Art. 9 UN-BRK verlangt, Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen. Dazu gehört auch der gleichberechtigte Zugang zu Gebäuden und zu Wohnraum. Bauliche Anlagen müssen für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sein.

Barrierefreiheit ist auch auf Grund der Entwicklung der Bevölkerung notwendig, denn in Niederösterreich werden immer mehr alte Menschen leben. Mit Maßnahmen der Barrierefreiheit wird ein großer Teil der Bevölkerung erreicht:

  • 10 % der Bevölkerung sind auf Barrierefreiheit unbedingt angewiesen.
  • Für 30-40% der Bevölkerung ist sie notwendig.
  • Für 100% der Bevölkerung ist Barrierefreiheit von Vorteil.

Mitwirkung von Menschen mit Behinderungen

Das bestehenden Fördersystem (für Wohngebäude, Freizeiteinrichtungen, etc.) ist unter Miteinbindung von Menschen mit Behinderungen oder deren Vertretungen (Partizipation) auf mögliche Unterstützungen zur Herstellung von Barrierefreiheit zu überprüfen und anzupassen.

Der vollständige Text dieser Empfehlung kann – ebenso wie alle anderen Empfehlungen und Stellungnahmen des NÖ MTA – auf dieser Seite heruntergeladen werden:

http://noel.gv.at/noe/Gleichbehandlung-Antidiskriminierung/Empfehlungen_und_Stellungnahmen.html

Barrierefreiheit hilft auch Personen mit Kinderwagen oder kurzzeitigen Gehbehinderungen.
Barrierefreiheit hilft auch Personen mit Kinderwagen oder kurzzeitigen Gehbehinderungen.

 

NÖ Landesausstellung 2019 in Wiener Neustadt ist barrierefrei – baulich und inhaltlich

NÖ Landesausstellung 2019 "Welt in Bewegung"

Die NÖ Landesausstellungen haben sich schon früh um eine inklusive und barrierefreie Gestaltung verdient gemacht. Dabei geht es aber nicht nur um die bauliche Barrierefreiheit, die es ermöglicht, auch mit einem Rollstuhl alle Teile der Ausstellung zu erreichen. Ebenso soll die Präsentation der Inhalte für alle Besucher und Besucherinnen barrierefrei sein. Konkret bedeutet dies Gebärdensprachvideos, Leichter-Lesen-Texte und taktile sowie akustische Stationen. Alle barrierefreien Informationen sind mit einem Symbol gekennzeichnet. Ein einfaches Foto mit dem Smartphone auf den QR Code erleichtert den Zugang zu den Informationen.

Die NÖ Landesausstellung 2019 „Welt in Bewegung“ in Wiener Neustadt setzt dieses inklusive Design fort und bietet einen barrierefreien Zugang für Menschen mit Behinderungen. Nachfolgend ein paar Fotos mit Beispielen der gelungenen Umsetzung:

(Alle Fotos: NÖ Landesausstellung 2019, Klaus Pichler / kpic.at)

Taktiles Modell von der Platte des Friedrichsgrabs aus dem Stephansdom
Taktiles Modell von der Platte des Friedrichsgrabs aus dem Stephansdom
Taktiles Modell von Maximilian I. mit einem QR Code für einen akustischen Text über das Smartphone
Taktiles Modell von Maximilian I. mit einem QR Code für einen akustischen Text über das Smartphone
Reliefmodell der Region in den Kasematten: hier kann man die Geografie bzw. die Höhenunterschiede ertasten.
Reliefmodell der Region in den Kasematten: hier kann man die Geografie bzw. die Höhenunterschiede ertasten.
Der Plan der Kasematten (Ausstellungsort) ist ebenfalls taktil ertastbar
Der Plan der Kasematten (Ausstellungsort) ist ebenfalls taktil ertastbar
Verschiedene Objekte in blau sind Nachbildungen zum Ertasten
Verschiedene Objekte in blau sind Nachbildungen zum Ertasten

 

BhW Niederösterreich vergibt erstmals Preise für Barrierefreiheit

Vorbild Barrierefreiheit 2018
Vorbild Barrierefreiheit 2018 (Foto: BhW / Gerald Lechner)

In der Niederösterreichischen Landesbibliothek wurde Ende Oktober 2018 erstmals der Preis „Vorbild Barrierefreiheit“ in NÖ im Beisein zahlreicher Gäste vergeben.

Die BhW Niederösterreich GmbH ist eine Erwachsenenbildungseinrichtung, die gemäß ihrem Slogan „Bildung hat Wert“ aktuelle, gesellschaftsrelevante Themen aufgreift und Bildungsangebote in den Gemeinden unterstützt. Neben Basisbildungsangeboten, Jugendcoaching, Bildungsberatung, Zeitpunkt Lesen und Bildungsehrenamt ist „Barrierefreiheit“ seit Jahren ein wesentliches Aufgabengebiet der BhW Bildungsarbeit. Nun wurde zum ersten Mal der Preis „Vorbild Barrierefreiheit 2018“ vergeben. „Barrierefreiheit heißt selbstbestimmt, dient der Vermeidung von Diskriminierung und hilft der Gesellschaft“, so Martin Lammerhuber, Holdinggeschäftsführer Kultur.Region.Niederösterreich

Eine gleichberechtigte und selbstständige Teilhabe am öffentlichen Leben muss für alle Menschen gegeben sein. „BhW barrierefrei“leistet in diesem Sinne in ganz Niederösterreich Informations- und Sensibilisierungsarbeit zu den Themen „Inklusion“, „Behinderung“, „Barrierefreiheit“ und „altersgerechte Gesellschaft“.

Vorbilder vor den Vorhang

Mit der BhW Auszeichnung „Vorbild Barrierefreiheit 2018“ werden Betriebe, Gemeinden, Organisationen, Veranstaltungen, Institutionen oder Projekte in Niederösterreich geehrt, die erfolgreich Maßnahmen zur Erhöhung der Barrierefreiheit umgesetzt haben. Barrierefreiheit kann nicht immer zu 100 Prozent verwirklicht werden, aber es ist wichtig, dass viele Initiativen gesetzt werden, um sich dem Ziel einer barrierefreien Umwelt für alle zu nähern.

Als Vorbilder sollen die Ausgezeichneten weitere Verantwortliche und Akteurinnen und Akteure in den Regionen motivieren, sich des Themas Barrierefreiheit künftig verstärkt anzunehmen. In den folgenden Kategorien wurde die Auszeichnung verliehen: Gemeinden, Wirtschaft/Tourismus, Kultur/Veranstaltungen, Personen/Institutionen und Bildung/Kommunikation.

Preisträger „Vorbild Barrierefreiheit 2018“

In der Kategorie Institutionen/Personen sind die Vereine Spielerpass und Club 81 die Preisträger.

Spielerpass, Obmann Niklas Karner, Krems an der Donau

Der Verein bietet Menschen mit Behinderungen materielle und soziale Unterstützung im Bereich Sport und Bewegung. Mit dem Ziel, Spielfreude zu vermitteln und das gesellschaftliche Bewusstsein für Inklusion und Nachhaltigkeit zu stärken, setzt sich die gemeinnützige Organisation ehrenamtlich für Special Needs Teams und inklusive Mannschaften in Niederösterreich ein.

Neben großen Fußballturnieren, mit Unterstützung vom berühmten Fußballern, organisiert der Verein ehrenamtlich Trainingscamps, Diskussionssymposien, Inklusionsquizze und das abgeschlossene Projekt „Balltonnen“. Ein vergleichbares Projekt mit diesem ehrenamtlichen Aufwand gibt es in Niederösterreich nicht.

Club 81, Obmann Josef Schoisengeyer, St. Pölten

Der Club 81 in St. Pölten, der das Ziel der Integration behinderter Menschen verfolgt, bietet gesellige Zusammenkünfte mit der Möglichkeit zur Kontaktfindung, Rehabilitationshilfen, Information und Beratung, den Besuch kultureller Veranstaltungen, den 1. NÖ Behindertenfahrtendienst St. Pölten (Partner ist Funk-Taxi Rittner), Reisen und Ausflüge mit einem rollstuhlgerechten Luxusreisebus. Bei Reisen und Ausflügen begleiten ehrenamtliche HelferInnen des Roten Kreuzes Prinzersdorf. Weiters wird die Vermittlung von behindertengerechten Urlaubsquartieren und die Führerscheinausbildung in Zusammenarbeit mit den Fahrschulen angeboten. Obmann Josef Schoisengeyer ist auch Mitglied des NÖ Monitoringausschusses.

Informationen über alle Preisträger finden sich auf: https://www.bhw-n.eu/no_cache/aktuelles/news-detail/artikel/erstmals-barrierefrei-preis-in.html?utm_source=bhw-newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=newsletter_11-2018

Preisverleihung an Club 81 Obmann Josef Schoisengeyer
Preisverleihung an Club 81 Obmann Josef Schoisengeyer (Foto: BhW / Gerald Lechner)

Kinder mit Behinderungen: 200.000 Euro für Hilfsmittel für NÖ Kindergarten- und Schulalltag

„Im Jahr 2017 wurden in Niederösterreich Geräte und Softwaretools im Wert von mehr als 200.000 Euro für Schul- und Kindergartenkinder mit Behinderungen zur Bewältigung des Kindergarten- und Schulalltags zur Verfügung gestellt“, zieht Bildungs-Landesrätin Barbara Schwarz Bilanz. Dazu zählten etwa fünf Tafellesesysteme, drei Augensteuerungssysteme, drei Sprachsynthesizer und 36 Spezialsoftwarelösungen (Vergrößerungssoftware, Kommunikationsprogramme, etc.) für Kinder, die nur eingeschränkt oder gar nicht sprechen können. 17 neue Funkübertragungsanlagen erleichtern nun die Kommunikation zwischen Pädagoginnen und Kindern mit Höreinschränkungen. Aber auch Therapiestühle, Leuchten, Halterungen oder spezielle Lesepulte wurden bei Bedarf zur Erleichterung des Schul- bzw. Kindergartenalltags zur Verfügung gestellt.

Das Prozedere funktioniert unbürokratisch und rasch: Das NÖ Medienzentrum kauft diese Geräte an und verleiht sie je nach Bedarf an Gemeinden als Schul- und Kindergartenerhalter. (www.noemedia.at/)

Die 100-prozentige Förderung des Landes Niederösterreich für diese Hilfsmittel erleichtert den Schul- und Kindergartenalltag für die Kinder ebenso wie für die Pädagoginnen und Pädagogen und das Betreuungspersonal in den NÖ Pflichtschulen und in den NÖ Landeskindergärten. Im Zusammenspiel von Familien und Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ist es das Ziel, jedes Kind an seine größtmögliche Selbstständigkeit heranzuführen und ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Jedes Kind hat das Recht auf eine seinen individuellen Möglichkeiten entsprechende Bildung, damit es beruflich und sozial seinen Platz finden kann.

Quelle: NÖ Landeskorrespondenz

 

Barrierefreiheit: Alle Türen müssen nun leicht bedienbar sein

Türe
Foto: Tanja Lidke / pixelio.de

Der in Österreich geltende Stand der Technik, um die gebaute Umwelt barrierefrei zu gestalten, ist die ÖNORM B 1600. Sie enthält Planungsgrundsätze für bauliche Maßnahmen, Einrichtungen und Ausstattungen sowie Kennzeichnungen, die notwendig sind, um die unterschiedlichen physischen Möglichkeiten von Menschen berücksichtigen zu können.

Damit soll Menschen mit Behinderungen und auch vorübergehend beeinträchtigten Personen ermöglicht werden, Gebäude und Anlagen weitgehend ohne fremde Hilfe zu benutzen. Außerdem ist es damit einfacher, auch bei einer plötzlich eintretenden Behinderung und im Alter mit nur geringfügigen Adaptierungen in der gewohnten Umgebung zu bleiben.

Die Norm sagt aber ausdrücklich nicht, ob ein Gebäude barrierefrei ausgeführt werden muss – das ist Aufgabe des Gesetzgebers bzw. des Bauherrn -, sondern sie sagt, wie man diese Aufgabe am besten und im Sinne aller Betroffenen löst.

Die zuletzt gültige Ausgabe aus dem Jahr 2013 wurde nun in einem speziellen Kapitel überarbeitet: konkret bei den Bedienkräften von Türen. Die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland hatte dazu einen entsprechenden Projektantrag bei Austrian Standards eingebracht. Der Vorschlag wurde einem öffentlichen Anhörungsverfahren unterzogen und der Abschnitt 5.1.5 „Türen“ geändert. Kernaussage: „Türen mit und ohne Türschließer müssen im Regelbetrieb leicht bedienbar sein.“ Wie dies erreicht werden kann, beschreibt nun die Neuausgabe, die seit 1. April 2017 vorliegt.

Weitere Informationen: https://www.austrian-standards.at/barrierefrei