Der NÖ Monitoring-Ausschuss hat sich in seiner jüngsten Sitzung am 22. Februar 2021 mit den massiven Zugangshürden zur Corona-Impfung beschäftigt. Menschen der Generation 80+ und Menschen mit Trisomie 21 wurde die Anmeldung am 10. Februar 2021 zur Covid19-Impfung sehr schwer gemacht. So war die Anmeldung zum Impftermin nur online möglich. Die wenigsten Menschen der Zielgruppe sind IT-geübt und verfügen überhaupt über eine entsprechende Internet-Ausrüstung für online-Anmeldungen. Gleiches gilt auch für viele Menschen mit Behinderungen. Außerdem wurden die beschränkt vorhandenen Impftermine nach dem Prinzip „der Schnellere gewinnt“ ausgegeben. Es fand keinerlei Reihung nach der Schwere von Erkrankungen oder auch Alter statt.
Viele Menschen verloren aufgrund dieser „Spiel-Regeln“ alters-, krankheits- oder behinderungsbedingt den Wettlauf um einen Impftermin. Der Umstand, dass Schnelligkeit das entscheidende Kriterium für eine erfolgreiche Anmeldung zu einem lebenssichernden Impftermin war, ist entwürdigend und menschenverachtend.
Ein aktueller Vorschlag der Impforganisation, wonach u.a. Gemeinde, Verwandte und auch private Vereine, sowie Seniorenbund und Pensionistenverband Hilfestellung bei der Anmeldung leisten können, entspricht nicht den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention. Nicht alle Menschen wollen, dass Dritte (private Vereine, politische Organisationen,…) eine solche, sehr persönliche Hilfestellung mit Bekanntgabe von Krankheitsdaten etc. durchführen.
Dieses Anmeldesystem wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keiner entsprechenden zielgruppenorientierten Qualitätsprüfung unterzogen und nicht partizipativ erstellt oder ausgewählt: es waren keine SelbstvertreterInnen oder Interessensvertretungen von Menschen mit Behinderungen miteingebunden.
Die UN-BRK schreibt Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen, fest. So ist Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und die volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, unter anderem auch die volle Teilhabe am Gesundheitssystem, konkret auch die Teilhabe an Impfprogrammen.
Staatliche Stellen haben daher entsprechend Vorsorge zu treffen, dass Menschen mit Behinderungen der Zugang zur Anmeldung zu Impfprogrammen und auch zu Impfungen barrierefrei ermöglicht wird. Eine ausschließliche Anmeldemöglichkeit per Internet, wobei allein die Schnelligkeit bei der Anmeldung entscheidet, entspricht nicht den Vorgaben der UN-BRK.
Der NÖ Monitoring-Ausschuss empfiehlt daher der NÖ Landesregierung, den Zugang zu Anmeldung und zu Impfungen nach dem NÖ Corona-Impfplan Menschen der älteren Generation und Menschen mit Behinderungen barrierefrei, nach ihrem individuellen Risiko und wohnortnahe (zB für mobilitätseingeschränkte Personen mittels ambulanter Impfteams) zu ermöglichen.
Zur Sicherstellung eines barrierefreien Zuganges zu gesundheitlichen Dienstleistungen sind bei der Erstellung derartiger Pläne und der Gestaltung von Abläufen SelbstvertreterInnen und Vertretungen von Menschen mit Behinderungen miteinzubeziehen.